Verabredung mit mir selbst

Durch Selbstreflexion begegnest du dir mit Achtsamkeit und lernst dich mit allen Facetten besser kennen. Wir verraten, wie sie genau funktioniert.

Sich selbst kennenzulernen und zu entdecken, ist ein fortlaufender Prozess, denn – auch wenn wir das nicht immer so bewusst wahrnehmen – wir entwickeln uns stetig weiter. Ereignisse, denen wir begegnen, Erfahrungen, die wir erleben, Entscheidungen, die wir treffen, prägen unsere persönliche Entwicklung. In unserem Leben, mit all seinen herausfordernden, schönen und besonderen Momenten, ist es wichtig, eine wertschätzende Haltung zu sich selbst zu pflegen, denn diese hilft dabei, voranzukommen, sich weiterzuentwickeln und zu wachsen.
Um Selbstreflexion auszuüben, ist es notwendig, mit sich selbst in einen freundlichen Dialog zu treten. So wird aus der Reflexion nicht nur eine Art Aufarbeitung, sondern auch eine besondere Art der Selbstfürsorge, gepaart mit einem achtsamen Umgang mit der eigenen Person. Indem du dich mit tiefgreifenden Fragestellungen rund um das eigene Leben beschäftigst, regst du deine Selbstreflexion an und kannst langsam und behutsam vielseitige Facetten deines wahren Ichs herausarbeiten. So schaffst du nicht nur ein bewussteres Ich, sondern übst dich auch in Liebe und Akzeptanz für dich selbst.

Bewusstsein steigern durch Selbstreflexion

Sobald Kinder mit dem Sprechen beginnen, stellen sie Fragen. Unzählige Fragen über kleinste Details und große Zusammenhänge prasseln regelrecht auf die Eltern ein – nicht alle davon können sie beantworten, aber das reduziert den Fragenhagel selten. Kinder saugen jede Information auf, sie entwickeln sich beim Frage-Antwort-Spiel, stillen ihre Neugier für ihre Umgebung und lernen Neues kennen. Gefragt werden vorzugsweise die Menschen, denen sie vertrauen und von denen sie wissen, dass sie eine ehrliche Antwort bekommen.
Im Laufe unseres Lebens nimmt diese Häufigkeit an Fragen ab. Vieles kennt man, weiß man, hat man schon mal gesehen – wozu also noch fragen? Und das mag auf viele Umstände unseres Alltags zutreffen, denn in der Routine fühlen wir uns sicher und müssen nicht mehr viel hinterfragen. Anders ist es allerdings bei uns selbst. Fragen an sich selbst zu stellen, sein eigenes Inneres, Überzeugungen, Muster, Gedanken und Gefühle zu hinterfragen, das ist als junger heranwachsender, aber auch als erwachsener Mensch enorm wichtig für die eigene Persönlichkeit. Durch Selbstreflexion steigern wir unser Bewusstsein für uns selbst, lernen uns besser kennen und einschätzen und können an und mit den Erkenntnissen wachsen.

Eine Reise zu deinem eigenen Inneren

Selbstreflexion dient dazu, die eigenen Gedanken, Gefühle sowie Handlungen aufzugreifen und sich bewusst mit der eigenen Person auseinanderzusetzen. Neben den inneren Prozessen können auch soziale Beziehungsmuster und biografische Prägungen reflektiert werden.
Bildlich gesprochen kann die Selbstreflexion als Vogelperspektive betrachtet werden. Das bedeutet, dass du in diesem Moment einen Schritt zurücktrittst und alles von etwas weiter weg betrachten kannst, mit allem, was noch außen rum passiert. Gleichzeitig gehst du dabei aber auch in eine ehrliche Innenschau, die dazu führt, dass du eine bestimmte Sache aus einem ganz persönlichen Blickwinkel betrachtest. Dabei werden unter anderem die eigenen Gedanken, Gefühle und Aktionen intensiver wahrgenommen und beleuchtet.
Selbstreflexion kann auch als wertvollstes Gespräch in unserem Leben beschrieben werden. Damit sie gut umgesetzt werden kann, ist es sehr wichtig, sich bewusst Zeit dafür zu nehmen. Selbstreflexion sollte nicht zwischen Tür und Angel stattfinden, sondern am besten an einem festgelegten Ort erfolgen, der Ruhe vermittelt und zum inneren Dialog einlädt. Es darf sich wie eine Verabredung anfühlen. Eine Verabredung mit dir selbst, bei der du deine volle Aufmerksamkeit erhältst und dich für eine gewisse Zeit aus dem alltäglichen Geschehen herausnimmst. In diesen Augenblicken liegt der Fokus nur auf dir.

Text aus: Kristine Jung-Popoviciu, Geheimnis Ich – 30 Fragen und Impulse, die dein Leben verändern, Groh Verlag, 16 Euro

Den ganzen Artikel finden Sie in unserer bewusster leben Ausgabe 1/2024

Diesen Artikel teilen

Weitere Beiträge

Die Kunst der Freundschaft

Häufig vernachlässigen wir unsere Freundschaften, weil uns Beruf und Familie voll in Anspruch nehmen. Der Psychotherapeut Wolfgang Krüger weiß: Das ist ein Fehler, denn gute Freundschaften sind ein wichtiger Glücksfaktor. Sie können unsere Lebensspanne sogar erheblich verlängern. Wir brauchen feste, verlässliche Bindungen, um uns selbst zu fühlen. Das Glück des Lebens würde darin bestehen, Bindungen einzugehen, sagte deshalb die Schriftstellerin Christa Wolf. Wir brauchen ein soziales Dorf, das uns innerlich stützt. Freundschaften sind daher wichtig für unsere Lebensqualität. Sie sind so wichtig, dass man mit guten Freundschaften über zwanzig Prozent länger, selbstbewusster und vor allem glücklicher lebt. Was sind wahre Freundschaften? Doch was sind gute Freundschaften? Bereits Aristoteles hat festgestellt, dass wir nur dann von echten Freundschaften sprechen sollten, wenn es sich um eine Herzensbeziehung handelt. Alles andere sind – in unsere Sprache übersetzt – eher Freundschaften des Nutzens oder Freizeitfreundschaften. Es sind also sogenannte Vitamin-B-Beziehungen, durch die wir einen Job oder eine Wohnung finden. Oder wir spielen gemeinsam Tennis oder gehen wandern. Doch wahre Freundschaften sind dies nicht. Davon sprechen wir nur, wenn es sich um einen intensiven Austausch handelt, wenn man so gut wie alles dem anderen anvertrauen kann. So unterschiedlich Freundschaften auch sein mögen: Letztlich leben Herzensfreundschaften

Diesen Artikel teilen

Ganz bei mir

Wie wir im hektischen Alltag Zugang zu einem Raum der inneren Stille finden können, das weiß der Benediktinermönch Anselm Grün.

Diesen Artikel teilen

Verstehe deine Träume

Träume sind ein Fenster in unsere Seele und können uns tiefgreifende Einblicke in unsere Gedanken, Ängste und Wünsche geben.

Diesen Artikel teilen

Schreiben Sie einen Kommentar