Manchmal ist das Ende einer Beziehung der Anfang einer neuen Liebe: der Liebe zu sich selbst. Die Bestsellerautorin Bahar Yilmaz weiß, wovon sie spricht. Sie hat es selbst erlebt.
Es tat so weh! Dieser Moment, der alles, woran ich geglaubt hatte, zum Einstürzen brachte. Der Moment der schmerzvollen Offenbarung. Der Mensch, dem ich mein Herz ausgeschüttet und mein ganzes Vertrauen in die Hände gelegt hatte, entpuppte sich als jemand ganz anderes. Diesen Mann kannte ich nicht, und das, was er mir antat, passte so gar nicht in das Bild, das ich mir von ihm gemacht hatte. In meinem Kopf kamen tausend Gedanken hoch, begleitet von einem Mix aus düsteren Emotionen. In meinem inneren Ozean brodelte es – aber auf dem Grund dieses Ozeans schien es ganz ruhig zu sein.
Der Grund des Ozeans ist das Herz. Es schließt das anatomische Herz mit ein, aber ich spreche hier mehr vom energetischen Herzen. Als all diese Dinge passierten, spürte ich mein Herz nicht, es war wie zurückgezogen, als hätte es sich vor lauter Schmerz abgekapselt vom Rest meines Systems. Als wäre es im Rückzug, weil die Wellen drohten, es zu zerstören.
Die wahre Verletzung: sich nicht mehr der Liebe öffnen können
Es gibt einen Schutzmechanismus unseres Herzens, der in traumatischen Situationen aktiv wird, um das Herz vor einer tiefen und unheilbaren Wunde zu schützen. Genau dieser Mechanismus hatte sich damals in mir eingeschaltet, und dieses Gefühl von Leere in meinem Brustkorb hielt für einige Monate an. Bis zu diesem Tag, als ich merkte, dass sich diese Leere in ein einengendes Gefühl verwandelt hatte. Ich verstand, dass ich etwas tun musste. Der wilde Aufruhr meiner Gedanken und Gefühle hatte nachgelassen. Die Situation schien sich auf einer mentalen und emotionalen Ebene immer mehr zu lösen. Aber mein Herz schien immer noch daran zu knabbern, weniger an der Verletzung, sondern vielmehr daran, dass ich es verschlossen hatte, mit der Absicht, es zu schützen.
Die zwei Arten von Liebeskummer
Was, wenn der anfängliche Schutz aus Angst irgendwann zur langfristigen Blockade wird und den Fluss der Liebe nach innen und auch nach außen unterdrückt? Ich glaube, das ist die wahre Verletzung: sich nicht mehr für Liebe öffnen zu können, ist das Schmerzvollste, was uns Menschen passieren kann. Es gab sicher Situationen im Leben von uns allen, die so sehr wehtaten, dass wir unser Herz aus Angst verschlossen haben. Zu der Zeit war das sicherlich eine gute Idee. Irgendwann erholen wir uns von dem Trauma, bauen aber den Käfig um unser Herz herum nicht ab. Das ist es, was am längsten wehtut und uns auch daran hindert, uns vom Liebeskummer wirklich zu befreien.
Nach meinem Empfinden gibt es zwei Arten von Liebeskummer:
- Die Liebe wurde uns verwehrt, aber die Anziehung und die Sehnsucht nach dem anderen sind immer noch präsent.
- Die Liebe hat ein verletzendes Ende gefunden, aber wir können den Menschen nicht loslassen.
Zum Weiterlesen:
Bahar Yilmaz, “Du wurdest in den Sternen geschrieben”, Integral Verlag, 16 Euro
Den ganzen Artikel unserer Ausgabe bewusster leben 1/2020
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