Buchweizenplätzchen statt Weißwürste, Kräuter statt Kammsteak? Weil die wöchentliche Biokiste kaum in den Koffer passt, muss sich, wer vegetarisch auf Reisen geht, klug darauf vorbereiten, wenn auch im Urlaub gesunde Kost auf den Teller soll. Es gilt, nicht nur die Filter der Apps zu schärfen, sondern auch den Blick.
Käsespätzle. Die gehen immer und überall. Sie sind nahezu universell, von Nord bis Süd das Verlegenheits-Zugeständnis auf der Menükarte von Restaurants, die dem Hunger eines Vegetariers entgegen knurren: „Wir haben auch an dich gedacht“. Doch diese Botschaft kommt etwas zähneknirschend daher und der Vegetarier auf Reisen, der es obendrein bio mag, gibt dann doch – ebenfalls zähneknirschend – nach. Aus Mangel an Alternativen. Aber auch, weil der Biomarkt um die Ecke sowie die wöchentliche Biokiste nicht in den Koffer passen. Die Restaurant-Empfehlungen von Reiseführern sind selten mit weißer Süßlupine, Dinkel- und Buchweizenplätzchen kompatibel.
Doch die Zeiten ändern sich. Da ist es wieder, dieses Wort: Zeitenwende. Für Menschen, die vegetarisch unterwegs sind, müsste es ein Pendant zu den Gendersternchen geben, also die Speisekarte rauf und runter dekliniert als Veggie-Variante. Essen vom glücklichen Bauernhof als globale Selbstverständlichkeit für alle, die nicht verschlafen wollen. Wo aber stehen wir jetzt?
Zeitenwende für Vegetarier? Wir stehen erst am Anfang
Eine Bestandsaufnahme: Weißwürste im Englischen Garten, Wiener Schnitzel im Prater, Salami-Pizza in Neapel, Meeresfrüchtesalat in Palma de Mallorca, Rib-Eye-Steak in San Francisco und den schnellen Hamburger an der Autobahn: Alles sehr geläufig. Wer der klassischen Ernährungsweise und dem Sauerbraten wie bei Muttern abgeschworen hat, seinen ökologischen Fußabdruck verkleinern und trotzdem Fußspuren im Sand hinterlassen möchte, muss trittsicher werden. Denn oft funktioniert es entweder bio oder vegetarisch. Wer beides will, muss sich ein wenig vorbereiten.
Bio und fleischlos? Erst nach dem Karma-Yoga ein Volltreffer
In einem ausgewiesenen Bio-Hotel im Lungau labte sich mein Lebensgefährte an Zunge und Blutwurst von der hauseigenen Schlachtplatte. Das Rind lebte wahrlich einst gesund, fraß Heu von der Bergwiese und atmete frische Alpenluft. Ich nahm die Käsespätzle.
Auf dem Highway 1 in Kalifornien waren die Filialen der Einzelhandelskette 7-Eleven meine Rettung: Ich wollte keinen der Burger, die in Amerika an jeder Ecke winken und fand in den Kühlregalen von 7-Eleven zuverlässig meine Salatbox – eingepackt in viel Plastik. Biologisch war das freilich nicht. Mit einer Kräuterfrau im Kleinwalsertal stieg ich auf die Gipfel hinauf und knabberte auf den Almwiesen den noch vom Tau benetzten Meisterwurz, satt wurde ich davon nicht. Die „Kasnockerlsuppe“ auf der „Hütt’n“ war mit Speck gespickt, der Kaiserschmarrn immerhin ging als vegetarisches Gericht durch – und vermutlich auch als biologisches. Aber er war halt süß. Nicht ideal, wenn man Herzhaftes mag. Mein Sohn machte Urlaub in Grönland und hat sich dort sehr biologisch ernährt – von Wal, Robbe und Rentier. Also auch nichts für Vegetarier.
In Warschau, wo das Fleisch auf dem Teller noch vielerorten als Luxusgut gilt, wurde ich zur Testesserin und probierte sämtliche Varianten polnischer Piroggen durch – außer jenen mit Fleischfüllung. Das waren immerhin einige. Am Kalterer See lockte an jeder Ecke der Gewürztraminer aus ökologischer Landwirtschaft, doch ernähr’ sich mal einer von Wein.
In der Stadt sichern Apps das Abendessen
Ein Volltreffer war die Entspannungswoche in einem Yoga-Haus – zwei Mal am Tag wurde ein üppiges Büffet aufgefahren, rein vegetarisch, selbstverständlich bio und auch noch mit gutem Gewissen verspeist nach dem anstrengenden Karma-Yoga, was in meinem Fall hieß: Straße fegen. Zum Wegweiser in Sachen gesunder Ernährung wurde mir bald meine 28-jährige Tochter. Sie informiert sich vor jeder Reise auf der Touristik-Website Tripadvisor, wo vegetarische Restaurants mit Bio-Küche angezeigt werden, sofern man danach sucht. Auch die App „Happy Cow“ listet auf, wo ich Gasthäuser, einen Catering-Service und Geschäfte mit vegetarischem Angebot finde. Meine Tochter lebt in München und nutzt dort auch die App „Too Good To Go“, bei der Restaurants und Geschäfte – auch Bioläden – überschüssige Lebensmittel oder das Brot vom Vortag zum vergünstigten Preis anbieten. Man muss allerdings schnell sein, denn die Schnäppchen sind heiß begehrt. Wer den Filter schärft und mit seinen eigenen Ernährungsgewohnheiten spezifiziert, erhält eine Auswahl von verfügbaren Magic Bags, Überraschungstüten und Lebensmitteln, die darauf warten, „gerettet“ zu werden.
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