Wann fühlen wir uns eigentlich wirklich geborgen? Ist es die gemütliche Couch nach einem Winterspaziergang, die Tasse Tee am Nachmittag oder der behagliche Kerzenschein? Nein, es sind vor allem drei Bedingungen, die uns Geborgenheit fühlen lassen: Schutz, Wärme und Vertrauen.
Weihnachten vor ein paar Jahren: Zum ersten Mal hatte mich meine Tochter dazu eingeladen, mit ihr und ihrer jungen Familie Heiligabend zu feiern. Ein wunderbares Ereignis für mich. Man muss dazu wissen: Ich habe eine Scheidung hinter mir, drei Töchter und jedes Jahr, spätestens im Dezember, stellt sich für alle die Frage: Wohin an Weihnachten? Sind die Töchter bei der Mutter, kommen sie zum Vater oder bleiben wir zerstreut in alle vier Himmelsrichtungen? Manches Drama nahm in der Vergangenheit mit dieser Frage seinen Lauf. Da war es eine Erleichterung für mich, zu wissen, wo ich dieses Jahr an Heiligabend sein werde. Ich habe also zum ersten Mal meinen Platz als Großvater unter dem Baum meiner Tochter, ihres Mannes und meiner drei Enkelkinder eingenommen. Wohl wissend, dass ich in dieser Rolle noch keine Übung hatte.
Wie richtig sich das Leben anfühlen kann
Und dann: Saß ich tatsächlich zufrieden und genussvoll in einem alten Sessel und wir feierten alle gemeinsam ein wunderbares Fest. Für mehr als einen Augenblick erlebte ich, wie aufgeräumt und richtig sich das Leben doch anfühlen kann. Was für ein Geschenk! Und da geschah noch etwas, nach dem ich mich gesehnt hatte: das Wunder der Geborgenheit.
Kurz vor Weihnachten erfasst uns alle mehr oder weniger dieselbe tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit. Die Welt da draußen ist unwirtlich, kalt, dunkel und da möchten wir nur eines: uns zu Hause eingekuschelt auf dem Sofa oder im Kreis von lieben Menschen sicher zu fühlen, in einer Atmosphäre, die uns guttut, die uns ein Gefühl von Geborgenheit gibt.
Geborgenheit ist ein positives Lebensgefühl
Geborgenheit, so heißt es, ist ein Gefühl, das uns versichert, dass jetzt in diesem Augenblick nichts Schlimmes passieren kann. Und dieses Gefühl braucht jeder von uns, das uns seelisch und körperlich entspannen lässt. In einem solchen Zustand sind wir ganz bei uns selbst – und mit anderen. „Geborgenheit ist ein positives Lebensgefühl, das entsteht, wenn wir Sicherheit, Wohlbefinden, Wärme und Glück empfinden“, sagt der Psychologe Hans Mogel von der Uni Passau. Und dieses Gefühl sei deshalb so wichtig, „weil es die positiven Lebensvorgänge aktiviert und alle förderlichen Erlebnisinhalte enthält, die unser Leben wirklich lebenswert machen“. Doch Geborgenheit empfindet jeder Mensch unterschiedlich. „Geborgenheit ist wie alle Gefühle, Stimmungen und andere emotionalen Regungen leichter zu spüren als zu beschreiben. Geborgenheit ist nicht messbar, aber wir erleben sie.“ Ob wir uns in einer bestimmten Situation – oder grundsätzlich in unseren Lebensumständen – eher geborgen fühlen oder nicht, hängt neben den äußeren objektiven Umständen immer auch von unserer inneren Verfassung ab. Doch wann empfinden wir uns als geborgen?
Winfried Hille
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