„Du bist mehr …“: Der vielleicht wichtigste Satz in deinem Leben. Bahar Yilmaz erklärt, warum du einzigartig und unverwechselbar bist – auch wenn du manchmal den Blick dafür verlierst und an dir zweifelst.
Du bist nichts Besonderes. Du bist ein stinknormaler Mensch. Vielleicht denkst du, dass du tief in deinem Inneren Spiderman bist, und wartest auf den Spinnenbiss, der dich zu einem Superhelden macht. Oder du wartest darauf, dass ein Wunder geschieht, Erzengel Gabriel dich zu einer Heiligen ernennt und die ganze Welt endlich erkennt, wie wundervoll und besonders du bist. Es könnte auch sein, dass du kurz vorm Untergang der Welt als einer oder eine von ganz wenigen von einer außerirdischen Rasse gerettet wirst, weil du so besonders bist und nicht vernichtet werden darfst. Du glaubst irgendwo in deinem Inneren daran, dass du aufgrund deiner Einzigartigkeit goldene Hilfsmittel erhalten wirst, andere nicht.
Du bist ein ganz normaler Mensch
Aber in Wahrheit interessiert sich niemand wirklich für dich. Wir leben in einer Welt, in der es sehr viel Apathie und Desinteresse gibt. Du bist der Welt egal. Sie ist so schnelllebig und rastlos. Wenn du eines Tages stirbst, werden ein paar Menschen vielleicht ein paar Wochen oder Monate trauern und danach wirst du vergessen sein. Die Welt wird sich ohne dich weiterdrehen. Du bist nur ein Mensch von vielen. Kein Auserwählter, der geschickt wurde, um die Erde zu retten. Vielleicht versuchst du dich davon zu überzeugen, weiser, weiter und „besonderer“ zu sein als der Rest. Du glaubst es aber nicht, weil du es in deinem Leben nicht sehen kannst. Es fehlen dir schlichtweg die Beweise für deine Einzigartigkeit. Du bist ein ganz normaler Mensch.
Für viele ist es ausreichend, nach ihrer Einzigartigkeit zu suchen, ohne sie zu leben. „Ich wäre ja einzigartig, aber ich lebe es nicht. Zu wissen, dass ich einzigartig bin, genügt mir.“ Nach dieser Devise leben sie. Sie reden sich die Einzigartigkeit ein und haben dann das Gefühl, dass sie wahr ist. Sie gehen auf die Suche nach ihrer Einzigartigkeit, versuchen sie zu erkennen und gehen davon aus, dass sie sie damit gleichzeitig auch schon leben. Aber es genügt nicht, die eigene Einzigartigkeit zu erkennen. Du musst etwas für sie tun.
Du willst unverwechselbar sein
Der erste Schritt auf diesem Weg ist zu erkennen, dass du nicht besonders bist. Keine und keiner von uns ist es. Das ist wahrscheinlich genau das Gegenteil von dem, was du lesen möchtest. Es sticht vielleicht sogar in deinem Herzen, es zu lesen. Es ist unangenehm. Du empfindest möglicherweise sogar Wut auf mich. Ich kann dich verstehen. Es kann dich aber nur schmerzvoll treffen, weil du diesen Schmerz bereits in dir trägst. Diese Befürchtung, vielleicht doch nicht so besonders zu sein, wie du denkst oder denken möchtest. Du willst kein stinknormaler Mensch sein. Du willst gesehen, gehört und geliebt werden und unverwechselbar sein. Du hast die Befürchtung, in der Masse untergehen zu können. Du willst auf keinen Fall, dass die Menschen verpassen zu sehen, was für ein einzigartiges Geschöpf du bist.
Ich hätte den einfacheren Weg wählen können, das Thema Einzigartigkeit zu behandeln. Ich hätte das schreiben können, was du lesen willst. Ich hätte dich einlullen können und dir sagen, wie besonders du bist. Bevor das sinnvoll sein kann, muss etwas anderes geschehen. Frag dich mal, wohin es uns gebracht hat, zu hören, dass jeder von uns einzigartig ist? Wir hängen in einer Warteschleife. Wir wissen, dass wir einzigartig sind, und warten darauf, dass das im richtigen Moment schon irgendwie sichtbar und spürbar werden wird. Für uns und für andere. Zu wissen, dass wir einmalig sind, genügt uns.
In Frieden damit, ein Niemand zu sein
Wir wagen uns keinen einzigen Schritt auf diese Einzigartigkeit zu. Wir bleiben außerhalb des Risikogebiets unserer Einzigartigkeit und bewegen uns ausschließlich im dunklen Terrain der Hoffnung. Von Hoffnung kann viel Dunkelheit ausgehen, über die wir nicht gern sprechen. Hoffnung gibt uns ein gutes Gefühl, während wir tatenlos auf etwas warten. Wir verbinden das Nichtstun mit diesem angenehmen Gefühl und je mehr wir diese Verbindung stärken, indem wir hoffen, verstärken wir auch unsere Handlungsunfähigkeit. Obwohl wir uns immer tiefer in der Machtlosigkeit verlieren, fühlen wir uns dennoch auf einer gewissen Ebene gut, solange wir die Hoffnung nicht verlieren. Die Hoffnung auf eine magische Begegnung mit einem Engel, auf die wundersame Kehrtwende in unserem Leben oder auf das Gift der Spinne. Du bist einzigartig. Das steht komplett außer Frage. Es allein intellektuell zu begreifen macht dich aber noch nicht zu einem einzigartigen Menschen. Du musst deine Einzigartigkeit offenbaren.
Reflektiere und schreibe auf
Du entwickelst eine spürbare und erfahrbare Einzigartigkeit von allein, wenn du dir eingestehst, dass das Außergewöhnliche an dir erst freigelegt werden muss. Das bedeutet Arbeit. Als Erstes solltest du dir deinen Widerstand gegen die Möglichkeit ansehen, nicht besonders zu sein. Du bist ein Mensch wie jeder andere auch. Kannst du damit leben? Während du dir diese Frage stellst, lass alle Gefühle hochkommen, die jetzt gefühlt werden wollen. Traurigkeit, Hass, Frustration. Vielleicht denkst du daran, dass auch deine Kinder nichts Besonderes sind, weil du es ja auch nicht bist. Und vielleicht tut das mehr weh als alles andere. Spüre, welche Kaskade an Gedanken und Gefühlen losgetreten wird. Reflektiere innerlich oder halte es schriftlich fest.
Vielleicht tut es weh zu erkennen, dass andere in deinem Umfeld ihre Besonderheit leben, du aber nicht und dass es vielleicht nicht an den Gründen liegt, die du dir zurechtgelegt hast. Vielleicht hast du zu dir selbst gesagt, dass du genauso erfolgreich und besonders wie X oder Y wärst, wenn du nur wolltest oder wenn du mehr Mittel zur Verfügung hättest oder wenn es deine Familie nicht gäbe oder, oder, oder. Du könntest sogar viel besser sein. Die anderen hatten einfach mehr Glück im Leben …
Bahar Yilmaz ist eine der bekanntesten Lebenscoaches im deutschsprachigen Raum und Autorin zahlreicher Bestseller. Mit ihrer erfrischenden und humorvollen Art erreicht sie Menschen jeden Alters. Im Zentrum ihrer Arbeit stehen Persönlichkeitsentwicklung, ganzheitliche Heilung, Transformation und die Erforschung von Energie, Bewusstsein und Spirit. Gemeinsam mit ihrem Partner Jeffrey Kastenmüller entwickelte sie „Empower Yourself“ – ein effektives Konzept für ein glückliches, erfülltes Leben.
Zum Weiterlesen: Bahar Yilmaz, Das Risiko, du selbst zu sein, Integral Verlag
Den ganzen Artikel finden Sie in unserer bewusster leben Ausgabe 6/2022
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