Sehnsucht nach mir

Wer bin ich? Wer will ich sein? Was hindert mich daran? Selbstreflexion kann helfen, uns selbst besser zu verstehen – und unser Leben bewusst in die Hand zu nehmen. Wir haben einige Fragen, die auf deine Antwort warten.

“Ich bin nicht mehr ich selbst“, „Irgendwie stehe ich ständig neben mir“, „Eigentlich bin ich ganz anders.“ Wer hat Ähnliches nicht schon einmal gesagt oder gedacht? Sind wir nicht bei uns, dann funktionieren wir nur noch, halten zwar alles am Laufen, schauen aber im eigenen Leben nicht mehr vorbei. Die 24-jährige Content Creatorin Elena Anna Mayr bringt in ihrem ersten Buch „Heimweh nach mir“ dieses Neben-sich-Stehen schonungslos auf den Punkt: „Ich wollte eigentlich gar nicht weit weg von mir, sondern in mir ankommen. Dort ein Zuhause finden, wo so lange Krieg geherrscht hat. Ich hatte Heimweh nach mir selbst. Aber es fühlte sich nach Fernweh an, weil ich so unendlich weit entfernt von etwas war, das sich überhaupt Zuhause hätte nennen können.“

Mehr und mehr verlieren wir uns im Reich des Tuns und Denkens, während uns Selbstzweifel die Lebensfreude rauben. Wir mutieren zum passiven Spielball im eigenen Leben. Um die eigene Verletzlichkeit zu verstecken, legen wir uns eine Rüstung aus Gleichgültigkeit, eiserner Routine und Überlegenheit zu, oder mutieren zum schärfsten Kritiker unserer selbst. Immer wieder suchen wir verzweifelt nach klugen und guten Ratschlägen im Außen.

Auf dem Weg zu dir selbst

Wie der betrunkene Mann in Paul Watzlawiks Geschichte vom verlorenen Schlüssel, suchen wir diesen im hellen Licht der Laterne, wohl wissend, dass wir ihn an anderer Stelle im Dunklen verloren haben. „In Zeiten, in denen ich alles hinschmeißen wollte und vor lauter Verzweiflung nicht mehr klar sah“, erinnert sich Mayr, „habe ich mir einfach nur ein Zuhause gewünscht. Einen Ort, an dem meine Gedanken nicht zu mir durchdringen konnten. Einen Ort, an dem mein Sein genug war. Einen Ort, der nicht mehr von mir verlangte, als ich geben konnte. Natürlich habe ich ihn niemals gefunden, weil ich überall dort gesucht habe, wo ich nicht war.“

Doch manchmal kann es auch ein Glück sein, wenn das Unglück groß genug wird. Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als endlich innezuhalten und uns zu fragen, was uns im Leben wirklich wichtig ist. „Als ich bereit war und keinen anderen Ausweg mehr sah, als alles umzukrempeln, stellte ich mir viele Fragen“, schildert Mayr den Beginn ihrer Entdeckungsreise ins Land des Bei-sich-Seins. „Sätze sind Sätze. Sie stehen fest. Sie geben eine Richtung vor. Fragen hingegen bieten Raum für alle Gedanken und Gefühle, die wir sonst nicht zulassen würden. Fragen sind gemacht für diejenigen von uns, die noch auf der Suche sind. Auf eine Frage, die wir uns selbst stellen, erhalten wir die Antwort, die unser Innerstes offenbart.“

Heilsame Fragen

Die richtigen Fragen sind ein wunderbares Mittel, um sich selbst näherzukommen. Vielleicht spricht dich eine der fünf folgenden Fragen besonders an? Erlaube dieser Frage, dass sie dich wie eine gute Freundin durch den Tag begleiten darf. Diese Art der Selbstreflexion gebiert neue Fragen, eröffnet ungewohnte Blickwinkel, und erschöpft sich nicht in der Antwort. Lass dir deine Frage wie Schokolade genüsslich auf der Zunge zergehen und schmecke die unterschiedlichen Aromen heraus. Schenke dir Zeit und bleibe geduldig. Manchmal schnellt eine erste Antwort hervor wie ein Schachtelteufel, der ewig auf das Lupfen des Deckels gewartet hat. Nimm sie zur Kenntnis, aber gib dich nicht damit zufrieden. Stell dir deine Lieblingsfrage immer wieder neu. Leise, schüchterne Stimmen brauchen die Stille nach der Frage, um sich aus der Deckung zu wagen.

Bist du bereit, Verantwortung für dich zu übernehmen?

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Auch Elena Anna Mayr musste erkennen: „Mit der Schuldfrage hatte ich mir eine unlösbare Aufgabe auf die Schultern geladen. Irgendwann musste ich ehrlich zu mir selbst sein. Ich gestand mir ein, dass ich mich in einer Endlosschleife befand. Aus ihr konnte ich nur entfliehen, wenn ich aufhörte, Menschen die Schuld dafür zu geben, selbst nur die Summe ihrer eigenen Traumata zu sein.“ Egal, ob wir uns selbst oder andere zum Sündenbock machen, jede Art von Schuldzuweisung lenkt von der Problemlösung ab. Diese Einsicht hilft, aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit zu entkommen und neue kreative Wege zu finden.
Veronika Schantz

Zum Weiterlesen: Elena Anna Mayr, Heimweh nach mir, GU Verlag,

Den ganzen Artikel finden Sie in unserer bewusster leben Ausgabe 1/2025

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