Wenn alte Wunden heilen

Traumata werden von Generation zu Generation weitergegeben. Deshalb, so Ilona Schönwald, brauchen wir vor allem Geborgenheit, um uns sicher zu fühlen und authentisch zu entfalten.

Manch Verlorenheitsgefühl, so manch innere Leere und Schwere sind die Folge dessen, was Generationen vor uns erlebt haben. Ich selbst bin Tochter einer kriegstraumatisierten Mutter. Der Volksmund sagt dazu Kriegsenkelin und von uns gibt es ca. 22 Millionen in Deutschland. Meine Mutter hat als Mädchen in einem Kreis singender Kinder gestanden, als in die Mitte des Kreises eine Handgranate eingeschlagen ist. Die Hälfte der Kinder ist gestorben – das ist 1944 gewesen. Ein Mädchen, das neben ihr stand und dem sie die Hand hielt, hat dabei den Kopf verloren. Meine Mutter ist zu dem Zeitpunkt gerade mal sechs Jahre alt. Um das überhaupt irgendwie zu überstehen, trennte sie ihre Emotionen komplett ab. Natürlich unbewusst als Schutzmechanismus.
Doch was passiert denn, wenn wir uns von unseren Gefühlen abtrennen? Wir können uns selbst nicht mehr fühlen und schon gar nicht jemand anderen – Empathie und Mitgefühl werden unmöglich. Und so geht es fast allen Menschen, die damals den Krieg erlebt haben oder heute, egal wo das gerade passiert auf der Welt, Krieg erfahren müssen.

Nun fragst du dich vielleicht: Was hat das denn mit mir zu tun? Wir leben doch in Deutschland, einem der sichersten Länder der Welt – achtzig Jahre ohne Krieg. Ich sag es dir: Wir sind nämlich die Kinder, Enkelkinder und Urenkel dieser Menschen, die den Krieg erlebt haben. Wir sind die Nachfahren von zum Teil schwersttraumatisierten Vorfahren über viele Generationen. Fast alle Kriegsenkel erzählen ja Ähnliches: dass ihre Eltern sie nicht in den Arm genommen haben, dass sie sich nicht daran erinnern können, zu Hause gekuschelt zu haben, wenn sie Trost brauchten – das kenne ich auch – und manchmal ist es doch das Einzige, was wir brauchen: Körperlichkeit und ein Gehaltenwerden, um uns sicher zu fühlen. Wir brauchen das Gefühl von Geborgenheit. Wenn eine ganze Generation nicht in der Lage gewesen ist, emotional verfügbar zu sein, dann wirkt sich das als Entwicklungstrauma auf die Kinder aus und wird an die Enkelkinder und andere Generationen weitergegeben. So stehen wir heute vor dem Ergebnis: eine verunsicherte Gesellschaft, die selten körperlich, warmherzig und empathisch miteinander umgeht. Wir leben im Wohlstand aber viele Menschen sind unglücklich, fühlen sich nicht geborgen und sind unsicher.

Wir brauchen das Gefühl von Geborgenheit – das ist zutiefst menschlich

Wenn wir im Gefühl sind und dadurch auch Empathie empfinden, können wir der Natur, den Tieren und den Menschen keine Schmerzen zufügen. In dem Moment, in dem wir Verbundenheit empfinden, stellt sich das Gefühl von Geborgenheit ein. Viele Menschen irren mit einem inkompletten Lebensgefühl herum und empfinden das als normal, obwohl sie sich eigentlich nur nach Lebendigkeit, Emotionen, Zugehörigkeit und innerer Heimat sehnen. Wenn du zu den Menschen gehörst, die das Gefühl haben, nur zu funktionieren, dir Geborgenheit und innere Sicherheit fehlen, lade ich dich ein, in deine Geschichte zu schauen. Was haben deine Vorfahren erlebt? Vielleicht begreifst du dann besser, dass das, was vorher war, auch heute noch weiter in dir wirkt. Wenn du diese Tür in die Vergangenheit öffnest, erhältst du den Schlüssel zu dir selbst und zu deiner inneren Geborgenheit.

Soul Genesis Mentorin & Speakerin
Dr. med. Ilona Schönwald widmet sich seit über 25 Jahren der Heilkunst und ist Türöffnerin und Schwellen­begleiterin in ein selbstverbundenes Leben. Sie kombiniert medizinische Expertise und spirituell- energetische schamanische Arbeit. Dabei geht es ihr um Heilung und die Rückkehr zur Ganzheit, denn Trauma wird von Generation zu Generation weitergereicht.
www.soul-genesis.de

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