Kraftort Wald

Wald und Mensch ­gehören zusammen. Wir erklären, warum uns der Wald so guttut und wie wir dabei unsere Aufmerksamkeit auf uns selbst und unsere Gefühle lenken.

Weiches Moos unter meinen Füßen, der blaue Himmel über mir. Mein Blick streift das dichte Gehölz. Aus der Ferne höre ich einen Vogel zwitschern – leise, aber deutlich. Ich atme ein: Reiner könnte die Luft nicht sein.
Wer den Wald bewusst wahrnimmt, merkt schnell, wie gut das tut. Fernab von Autobahnen, Klingeltönen und Zivilisation herrscht im Wald eine besinnliche Ruhe. Wir lauschen dem Knistern im Unterholz, dem Gesang der Vögel und dem Rascheln der Blätter, wenn wir uns ganz bewusst darauf einlassen. Im Alltag hingegen sind wir permanent einem Grundrauschen der Zivilisation ausgesetzt, dem wir oftmals nicht entfliehen können. Wie gut, dass die Natur einen Raum geschaffen hat, der uns nicht nur zur Ruhe, sondern auch wieder zu uns selbst bringt: den Wald.

„Wem es gelingt, offen und absichtslos in den Wald zu gehen, der wird auch in den kleinsten Dingen eine Bedeutung entdecken“

Suse Schumacher

Einfach mal abschalten

Unser Alltag ist laut und hektisch. Und immer mehr Menschen fühlen sich davon überrollt. Kein Wunder also, dass Trends wie Waldbaden oder geführte Wanderungen durch den Naturraum ohne WLAN und Empfang immer beliebter werden. Einfach mal abschalten, wieder zu sich selbst kommen, ohne ständig abgelenkt zu sein. In Japan war das Waldbaden schon lange eine bewährte Methode bevor sie auch bei uns immer mehr Liebhaber fand – und das nicht ohne Grund: Studien belegen, dass bei Waldbesuchern der Blutdruck und die Herzfrequenz sinken, während ein Tag in der Großstadt genau das Gegenteil bewirkt.

Die positive Wirkung des Waldes

Von der positiven Wirkung des Waldes ist auch Suse Schumacher, Autorin und Waldcoach, überzeugt: „Wald hilft. Ein Spaziergang unter Bäumen senkt den Blutdruck, die Herzfrequenz und den Adrenalinspiegel. Waldaufenthalte fördern das Wohlbefinden und die geistige und körperliche Gesundheit. Angstzustände, Aggression und Erschöpfung werden gemindert. Positive Gefühle nehmen zu, der Stress nimmt ab.“ Schon eine kleine Wanderung mit der Familie durch Laub- und Nadelgehölz kann für angenehme Entspannung sorgen. Wir schalten ab und gönnen unserem Geist eine wohlverdiente Pause. „Durch die Mischung aus Ruhe einerseits und vielfältigen natürlichen Reizen andererseits kommen gerade Kopfmenschen in ihrem Körper an, ein unruhiger Geist entspannt sich“, weiß Schumacher, die in ihrem neuen Buch „Die Psychologie des Waldes“ ihren therapeutischen Werkzeugkasten öffnet und vielfältige Methoden zum Wald als Coachingraum darstellt. „Das einfache Gehen, das neben der Koordination der Bewegungsabläufe auch eine Orientierung im Raum erfordert, führt oft auch zu einer gedanklichen Bewegung. Im Gehirn werden während des Gehens neue Nervenzellen und Verknüpfungen mit bereits vorhandenen Zellen gebildet. Der Hippocampus, ein Teil des limbischen Systems, der für das Speichern von Sinneseindrücken und deren Übertragung vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis zuständig ist, wird stimuliert. Das elende Gedankenkarussell dreht sich im Wald deutlich langsamer“, weiß die Naturtherapeutin.

„In der Natur entdecken wir unsere Selbstwirksamkeit und kommen mit uns und der Welt in neuen Kontakt“

Suse Schumacher

Die Natur als Resonanzraum

Was macht die Ruhe des Waldes mit mir? Wie fühle ich mich, wenn meine Gedanken keine Ablenkung erfahren? Halte ich diese äußerliche Stille aus? Wenn wir uns bewusst auf das Abenteuer Wald einlassen, schaffen wir uns selbst die Möglichkeit, mehr über unser Inneres zu erfahren: „Der Wald bietet Platz für Leben, ist aber gleichzeitig ein lebendiges Gegenüber, mit dem wir in Resonanz gehen können. Menschen erfahren, reflektieren und erkennen sich selbst. Äußere Natursymbole bringen unbewusste seelische Anteile zusammen und können innere Sinnkontexte sichtbar machen, wenn wir zum Beispiel auf einer Lichtung oder im Dickicht, allein oder in der Gruppe urplötzlich Freude, Furcht, Trauer, Hoffnung, Liebe empfinden oder tiefen Frieden verspüren“, so Schumacher. Denn wie die Naturtherapeutin weiß, haben viele Menschen vergessen, den inneren Stimmen und Fragen Raum zu geben. Dabei ist das so wichtig für die eigene Persönlichkeitsentwicklung und kann uns unsere Stärken bewusst machen. Suse Schumacher: „Gelingt es uns, mit dem Wald in Resonanz zu gehen, schaffen wir zugleich eine Verbindung mit unseren inneren Ressourcen, also unseren Stärken. Welches Gefühl löst eine Waldlichtung aus, die von Bäumen und Sträuchern begrenzt ist? Sicherheit? Enge? Fremdheit? Was löst der gurgelnde Bach in uns aus? Eine Metapher für den Fluss des eigenen Lebens? Oder Angst, dass nichts bleibt, weil alles ständig in Bewegung ist?“ Es ist wichtig, die Wechselwirkungen zwischen den äußeren Gegebenheiten und dem inneren Erleben zu erkennen, um selbst wachsen zu können – und genau das passiert im Wald…

Fabienne Leonard

Zum Weiterlesen:
Suse Schumacher, Die Psychologie des Waldes, Kailash Verlag, 24,00 Euro

Den ganzen Artikel finden Sie in unserer bewusster leben Ausgabe 4/2024

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