Unser Umgang mit Geld sagt weit mehr über uns aus als uns bewusst ist. Wir machen damit sichtbar, wer wir sind, was wir von uns selbst halten und woran wir glauben.
Der Grundstein für den Umgang mit Geld wird bereits in früher Kindheit von unseren Eltern und nächsten Bezugspersonen gelegt. Meine Eltern gehörten der sogenannten Aufbaugeneration an. Sie hatten als Kinder den Krieg erlebt und wussten, wie sich Hunger anfühlt. Wie viele andere ihrer Generation gaben sie diese Erfahrungen zusammen mit ihren Ängsten an ihre Kinder weiter. Und das nicht nur in den Geschichten, die sie uns erzählten, sondern mehr noch durch ihr Verhalten. Ihr erklärtes Ziel war ein bescheidener Wohlstand, der sie gegen die Gefahren des Lebens absichern sollte. Und so sparten sich meine Eltern ihr kleines Eigenheim zusammen. Jeder Pfennig floss in die Tilgung der Kredite. Sich daneben noch etwas Schönes zu gönnen, kam dabei kaum in Betracht. Auch nicht für uns Kinder. Und wenn sie mir mal einen Groschen für eine gute Note zusteckten, dann trug ich diesen unter ihrem wohlwollenden Blick zu meiner kleinen Sparbüchse und warf ihn dort ein. „Davon kannst du dir später mal was Schönes kaufen“, versicherte mir mein Vater. Manchmal nahm ich dann den Groschen auch in die Schule mit, wo unsere Schulschwester eine Spendenbox für die armen Kinder in Afrika auf ihrem Katheder aufgebaut hatte. Wer dort fleißig einwarf, so hieß es, sicherte nicht nur einem armen Kind das tägliche Überleben, sondern sich selbst einen Platz im Himmelreich. Beides stimmte mich überaus glücklich.
Die Lektionen des Lebens: Unseren Umgang mit Geld lernen wir von anderen
Und so lernte ich im Umgang mit Geld schon frühzeitig zwei Lektionen: Spare dein Geld, dann kannst du dir eines fernen Tages etwas Schönes gönnen! Teile es mit anderen, denn das macht dich jetzt glücklich! Für letztere Lektion bin ich dankbar. Erstere macht mir heute noch zu schaffen. Es hat lange gebraucht, bis ich diese Prägungen aus meiner Kindheit überhaupt erkannt habe. So ist das mit diesen Glaubenssätzen, die wir bereits früh von unseren Eltern mit auf den Weg bekommen: Wir verinnerlichen sie so tief, dass wir schließlich glauben, es wären unsere eigenen Überzeugungen und der Wahrheit letzter Schluss. Das erklärt, wieso so viele Menschen der Nachkriegsgenerationen heute noch denken, dass sie nicht genügend Geld hätten und dass sie sich nichts leisten dürften, obwohl doch ein kleines Vermögen auf ihrem Sparkonto schlummert. Erst kürzlich stand ich mit einer guten Bekannten an der Kuchentheke im Café. Sie blickte mit sehnsüchtigen Kinderaugen auf die Sahnetorte. „Die ist aber teuer“, raunte sie mir zu und bestellte schnell ein Stück des trockenen Marmorkuchens. Obwohl sie mit ihrer Familie ein Haus im Villenviertel von Berlin und eine Ferienwohnung am Starnberger See besitzt, glaubt sie immer noch, dass sie sich dieses Stück Torte nicht leisten könne. Oder besser gesagt: Sie glaubt, dass sie es nicht wert sei. Denn in ihrem wohlhabenden, streng protestantischen Elternhaus waren die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder nicht dazu da, erfüllt, sondern unterdrückt zu werden. So sollte ein guter Charakter geformt werden, der sich durch Selbstbeherrschung und Disziplin auszeichnet. Dem elterlichen Gebot, Geld nicht für Genuss auszugeben, fügen sich die Kinder von damals heute noch. Und geben es an die nächsten Generationen weiter.
Geld ist eine Energie, die man anziehen kann
Den Umgang mit Geld lernen wir von anderen Menschen. Nachdem ich erkannt hatte, dass meine eigenen Glaubenssätze nur begrenzt zu einem guten Umgang mit Geld und mir selbst führen, wollte ich herausfinden, wie es denn andere Menschen anstellen, zu einem glücklichen und erfolgreichen Umgang mit Geld zu finden. Ich bin dabei vielen Menschen begegnet, die von einem ähnlichen Spar- und Leistungsdenken geprägt und sozialisiert waren wie ich. Das fand ich durchaus lehrreich, denn indem sie mir mein eigenes Verhalten spiegelten, kam ich meinen verinnerlichten Überzeugungen auf die Spur und konnte diese überdenken und verändern. Fasziniert haben mich jedoch immer solche Menschen, die so ganz anders erzogen wurden. Deren Nähe suche ich heute, weil sie mir etwas vorleben, was mir aufgrund meiner eigenen Geschichte fremd ist. Es sind allesamt Menschen, die einen entspannten und gänzlich sorglosen Umgang mit Geld pflegen. Sie geben es einfach aus und genießen es in vollen Zügen. Und obwohl sie es nicht zurückhalten, kommt immer genügend Geld zu ihnen zurück. An ihnen scheint sich die Theorie zu bestätigen, dass Geld Energie ist und dass es von positiven Gedanken magisch angezogen wird. Zweifellos sind diese Sorglosen die Lebenskünstler unter uns. Von ihnen können wir lernen, was es heißt, das Leben im Hier und Jetzt auszukosten. Am meisten aber beeindrucken mich die Menschen, die selbst wenig haben und dieses Wenige großherzig und ganz selbstverständlich mit anderen teilen. Häufig entstammen sie Einwandererfamilien. Ihre Küchentische, an denen sich Jung und Alt, Familie und Freunde versammeln und Besucher immer willkommen sind, quellen über mit köstlichen Gerichten. Es wird gemeinsam gegessen, ausgelassen gefeiert und gelacht. Sie leben mir das vor, wovon ich schon als Kind eine Ahnung erhalten hatte: Teilen macht glücklich und innerlich reich!.
Verdienen Sie, was Sie verdienen?
Schließlich kam ich einem weiteren Glaubenssatz auf die Schliche, der mir als Mädchen mit auf den Lebensweg gegeben worden war. „Nimm dich mal nicht so wichtig!“ lautet er in seiner herrischen Variante. „Sei bescheiden und gut zu anderen“ ist die sanftere Version. Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass sie auch in anderen Frauen ihr Unwesen treiben. Und selbst bei gestandenen und selbstbewussten Frauen herrscht im Umgang mit Geld eine frappierende Verunsicherung. Die Folge ist, dass viele ihre Leistungen unter Wert verkaufen. Denn Frauen haben schon früh gelernt, ihre Bedürfnisse hintenanzustellen, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen und das eigene Licht unter den Scheffel zu stellen. Und anstatt stolz auf ihre finanziellen Erfolge zu sein und sich daran zu erfreuen, fragen sie als erstes: „Habe ich das überhaupt verdient?“ Gutes Geld zu verdienen erscheint manchen Frauen geradezu wie ein unmoralisches Angebot. Kein Wunder also, dass Frauen im Durchschnitt immer noch zwanzig Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Machen Sie sich deshalb bewusst: Wenn es um Gehaltsverhandlungen oder Honorarverhandlungen geht, sind Bescheidenheit und Genügsamkeit schlechte Berater. Erhöhen Sie Ihren Selbstwert, indem Sie einen guten Gegenwert für Ihre Leistungen verlangen. Sie werden feststellen: Wer sich selbst einiges wert ist, wird auch von anderen mit größerer Wertschätzung behandelt.
Geld macht glücklich, wenn wir es mit anderen teilen
„Über Geld spricht man nicht!“: Ein Dogma, das heute noch über mir hängt. Wir Frauen fürchten vor allem Neidattacken – seitens unserer Partner oder Kollegen, die weniger verdienen oder seitens unserer Freundinnen, die sich mit schlecht bezahlten Jobs durchs Leben schlagen. Bei Männern läuft das meist anders: Sie fürchten sich davor, im Vergleich mit anderen schlechter abzuschneiden. Traditionell beweist sich der bürgerliche Selbstwert an dem, was stillschweigend auf das Sparkonto gelegt wird. Glücklich macht uns das aber nicht. Denn psychologischen Erkenntnissen zufolge kommt es nicht darauf an, wie viel Geld man hat, sondern was man damit macht. Auf dem Kongress mit dem wegweisenden Titel „Happy Money 2.0“ kamen auch Psychologen zu dem Schluss: Wer viel Geld verdient und es auf das Sparkonto legt, der empfindet keinen Zuwachs an Glück.
Geiz ist alles andere als geil
Wer sein Geld hingegen dafür verwendet, sich Gutes zu tun, wer gemeinsam mit anderen etwas Schönes erlebt, wer zu Reisen und Familienausflügen aufbricht, mit Freunden Feste feiert und gute Restaurants besucht, wer kulturelle Angebote nutzt und sein Geld freigiebig mit anderen Menschen teilt, multipliziert den Glücksfaktor und damit den Selbstwert des eigenen Lebens. Dies belegen auch aktuelle Studien aus der Glücksforschung: Geld macht uns dann am glücklichsten, wenn wir es mit anderen teilen! Doch vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie mir: In Zeiten, in denen mich Sorgen und Selbstzweifel plagen, beginne ich reflexartig damit, mein Geld zusammenzuhalten. Sollte ich meinen Geburtstag tatsächlich so groß feiern, frage ich mich plötzlich. Wäre denn ein Fest im kleinen Kreise nicht viel entspannter? Muss es wirklich schon wieder ein Wellness-Wochenende sein, ich hatte mir doch erst am Ende letzten Jahres eine ganze Wellness-Woche gegönnt? Brauche ich den neuen Frühlingsmantel wirklich unbedingt, ich habe doch bereits zwei andere im Schrank hängen? Kurzum: Wäre es nicht viel klüger, das Geld jetzt für schlechte Zeiten zurückzulegen? Denn dass diese jederzeit kommen könnten und dass man dafür gewappnet sein müsse, das hatten unsere verunsicherten Eltern uns schließlich mit auf den Lebensweg gegeben. Und es ist ja auch wichtig, vorzusorgen. Schließlich wollen wir uns auch später noch ein gutes Leben leisten können. Doch die Betonung liegt auf dem Wörtchen „auch“. Wir sollten uns dabei nämlich eines bewusst machen: Kein noch so dickes Sparbuch kann uns vor verinnerlichten Existenzängsten schützen, kein noch so hohes Einkommen kann uns das nagende Gefühl nehmen, ein gutes Leben nicht zu verdienen. Um das zu verstehen, müssen wir uns schon der eigenen Lebensgeschichte stellen. Und dabei auch dem Zusammenhang von Angst und Geiz auf die Spur kommen. Denn Angst führt dazu, dass wir unser Herz verschließen und hasenherzig und gierig anstatt großherzig und großzügig handeln. Die Angst ist eine schlechte Lebensberaterin und Geiz alles andere als geil. Wenn die beiden zusammen das Ruder übernehmen, dann häufen wir Geld zu einem Bollwerk an, mit dem wir uns gegen die Risiken des Lebens absichern wollen. Dann sitzen wir hinter diesem Bollwerk, misstrauisch und einsam, und beneiden diejenigen, die mehr und fürchten jene, die weniger haben. Das macht den Doppelpack von Angst und Geiz zu einem der Hauptverursacher von innerem und zwischenmenschlichem Leid.
Wir sind, was wir denken
Die erfolgreichen Menschen, denen ich in meinem Leben begegnet bin, hatten immer eines gemeinsam: Sie waren von einer Vision beseelt. Und sie waren von sich und dem, was sie taten, hundertprozentig überzeugt. Sie brannten geradezu für ihre Sache. Und ihre Begeisterung erfasste die Menschen um sie herum wie ein Flächenbrand. „Ja, ich bin es wert“, schienen sie mit ihrer ganzen Person in die Welt zu rufen. Die Biografien dieser Menschen zeugen oft von mutigen und ungewöhnlichen Lebensentscheidungen, von Wagnissen, die sie eingingen und von finanziellen Risiken, die sie in Kauf nahmen, um ihrem inneren Ruf zu folgen. Vielleicht haben auch Sie schon die Erfahrung gemacht, dass Sie den Erfolg geradezu magisch anzogen, wenn Sie dem folgten, woran Sie glaubten. Die Menschen um uns herum spüren es, wenn wir in Einklang mit uns selbst und unseren Werten leben. Wir sprühen dann vor Elan und Lebensfreude und stecken die anderen mit unserer Begeisterung an. Fragen Sie sich daher: Fühle ich mich reich und vom Leben beschenkt? Bin ich es mir wert, mir meine Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen? Gehe ich liebevoll und großzügig mit mir um? Sehe ich im Geld eine positive Energie, die ich sinnvoll für mich und andere einsetzen kann? Machen Sie sich bewusst: Selbstwertgefühl, Erfolg und Einkommen hängen auf das Engste zusammen. Was wir über uns selbst denken, prägt unseren Umgang mit Geld. Es lohnt sich also, optimistische Gedanken zu kultivieren, negative Glaubenssätze durch positive Überzeugungen zu ersetzen, die kritische innere Stimme durch eine liebevolle zu ersetzen, sich selbst mit Wertschätzung zu behandeln und dadurch den eigenen Selbstwert zu stärken. Vielleicht nehmen Sie sich die Worte des Buddha einfach mal zu Herzen: „Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt.“
Christa Spannbauer
Den Artikel und den Selbsttest finden Sie in unserer Ausgabe bewusster leben 02-2016
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