Das Leben findet nur im Hier und Jetzt statt. Das weiß eigentlich jeder, doch wer macht sich denn schon die Mühe, im Alltag auch wirklich konsequent danach zu leben?
Für uns moderne Europäer ist es eine gewaltige Herausforderung, wirklich im Hier und Jetzt zu leben, auch wenn sich das so einfach anhört. Ich bin hier und jetzt – doch bin ich das wirklich? Meine Aufmerksamkeit wird ständig von irgendetwas oder irgendjemandem in meiner Umwelt angezogen. Meine Gedanken kehren immer wieder zu vergangenen Erlebnissen zurück oder wenden sich zukünftigen Möglichkeiten zu – es zieht mich an andere Orte oder in hypothetische Träume und mein Smartphone verlangt ständig meine Beachtung. Doch wann bin ich wirklich bewusst und achtsam im Hier und Jetzt, ohne Widerstand, gelassen, einfach wahrnehmend und offen für den Augenblick mit seinen reichen Inhalten?
Wirklich präsent zu sein, die sieben Sinne aufnahmebereit, die Verbindung zu Allem-Was-Ist, fühlend und staunend ein Teil der Gegenwart zu sein, das ist nicht gerade ein Attribut der modernen Welt. Es will und muss geübt bzw. immer und immer wieder praktiziert werden, wobei uns das bewusste Atmen eine hilfreiche Unterstützung sein kann. Immer wieder innehalten, die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt richten, ICH BIN und atme und nehme einfach nur wahr.
Schnell erwacht sogar ein Genuss daran, immer wieder aus dem Irgendwo in den Moment zurückzukehren, da es der einzige Ort ist, an dem Körper, Geist und Seele zusammenfinden. Es ist wie ein Nachhausekommen, in dem sich Gelassenheit und Frieden einstellen. Die Leere füllt den inneren Raum, damit Platz entsteht für die Fülle dieses Augenblickes. Gleichzeitig findet eine Ausdehnung in den äußeren Raum statt und das Erkennen lichtet sich, dass es kein Innen und Außen gibt, nur einen einzigen seienden Raum. In diesem kleinen endlosen Augenblick erwacht die Gegenwart, in die Vergangenheit und Zukunft ebenfalls miteinfließen und einen zeitlosen Torus bilden. Im Zentrum erglüht das Licht des Bewusstseins immer heller und das wohlige Begreifen der Liebe zu und in allem Sein breitet sich warm in einem unendlichen und zeitlosen Raum aus.
ICH BIN HIER und JETZT und erfülle damit jede Einheit in dieser Sphäre mit der einen Präsenz. Ich blinzle plötzlich, das Feld kollabiert und ich bin wieder in meiner begrenzten Form – Mensch im Irgendwo mit irgendwas beschäftigt. Doch ich mache mich wieder auf den scheinbaren Weg, ins Hier und Jetzt. Ich kann gar nicht mehr anders, denn das ist der einzige Ort und die einzige Zeit in der ICH BIN.
Martin Strübin, www.blaubeerwald.de